Die schöne Blinde

„Sie hörte ihn kommen und spürte, wie er sich ihr näherte und eine Hand vor ihr Gesicht legen wollte …“

Einfallsreich und vor allem einfühlsam, hat der Autor aus einem schwer verdaulichen Thema einen spannenden Krimi gemacht.“

Unzählige Verdächtige unter den Ärzten, Pflegern und Patienten machen der Jungkommissarin LTM (Leonie Theophila Möller) zu schaffen. Es stellt sich heraus, dass das Opfer eine erotische Beziehung mit einem jungen Psychologen der Klinik hat. Und es kommen noch viele andere Tatsachen zum Vorschein…. Mit ihrer klugen und witzigen Art geht LTM den Fall an, stellt sich mutig dem herrischen Klinikleiter und tritt mit ihrer direkten und unkonventionellen Art so Manchem auf den Schlips.

Leon Specht

/ Autor

Leserstimmen

Spannung, Tempo und
unerwartete Wendungen!

Seine Mutter wäre stolz auf ihn gewesen, sein älterer Bruder hingegen weniger. Das lag daran, dass beide unterschiedliche Erwartungen an ihn gerichtet hatten. Sie war zeitlebens mütterlich großzügig gewesen, er brüderlich kämpferisch. Als der Ältere, der zudem über die besseren Gene für Sport verfügte, hatte sein Bruder seine Leistungen immer als unzureichend empfunden.

Jeden Morgen fuhr Alois Aigner mit dem Mountainbike zu seinem Arbeitsplatz. Körperertüchtigung, mein Junge, pflegte seine Mutter immer zu sagen, ist sehr wichtig. Ihr hätte er also voll und ganz entsprochen.

Er genoss es, die leicht abschüssigen Wege nach unten zu brausen. Als positiv denkender Mensch machte er sich dabei keine Gedanken, ob die Schraubverbindungen des Lenkers oder andere Teile seines Rads halten würden. Sein Bruder, ehemaliger Cross-Meister von Kärnten, hatte es ihm zusammengeschraubt. Die Familienbande hielten schließlich zusammen.

Er fand ihre gestelzte Art überhaupt nicht unangenehm. Natürlich passte sie nicht zu ihrem Alter von gerade mal 32 Jahren. Und auch nicht zu ihrem vornehmen Aussehen. Sein Prinzip war: Nur das Beste. Keinesfalls auch nur einen Hauch von Hässlichkeit. Er wusste, dass ihn das wütend werden ließ. Ob es Intelligenz oder Aussehen oder Essen oder Wein war: Es musste immer vom Besten sein.

Marlene Obermann war nun im siebten Jahr bei ihm und bislang eindeutig die beste Assistentin. Gerade weil sie eine spröde Mischung in sich vereinte. Äußerlich sehr adrett, aber wie eine ältliche Gouvernante zurechtgemacht, was seiner Frau besonders gefiel. Eine etwas unmodische Frisur, eine etwas unpassende Brille, die Kleidung eher überkorrekt, aber seinem Vorzimmer mit Eleganz angepasst. Und dabei ein herzensguter Mensch. Hilfsbereit. Ein klein wenig devot, genau die richtige Dosierung. Nach außen allerdings ein Drachen. Sie kaufte sogar seinem Oberarzt den Schneid ab, vom Verwaltungsleiter ganz zu schweigen, der sich in ihrer Gegenwart sehr unwohl zu fühlen schien. Jeden Morgen beglückwünschte er sich zu der Entscheidung, sie damals eingestellt zu haben, und erfreute sich an ihr als Vorzimmerdame.

„Herr Professor“, Frau Obermann steckte die Nase in sein Büro, „Frau Riegler möchte Sie außer der Reihe sprechen.“

Professor Bartels hatte heute keine weiteren Termine mehr und hätte spontan Ja sagen können. Aber das entsprach nicht seinem Führungskonzept. Frau Obermann wusste dies und spürte es sofort. Sie hatte aber vorgesorgt und ein Argument in der Hinterhand. „Sie sagte, es sei dringend. Sehr!“

Sein Blick sagte ihr, dass er gebeten werden musste. Sie kannte ihn so gut, dass sie ihm ein Ritual vorschlug. „Soll ich Ihnen noch einen Espresso Professore machen und Frau Riegler mitteilen, dass Sie in einer Viertelstunde für sie zu sprechen seien?“

Gnädig nickte er. Nach dem Espresso und der Fürsorge seiner Assistentin war er milde gestimmt und begrüßte Frau Riegler ausnahmsweise eher höflich und wertschätzend.

„Was führt Sie zu mir, geschätzte Frau Riegler?“

„Wir haben ein Problem, Herr Professor“, sagte sie schon beim Hereinkommen atemlos.

Die schöne Blinde von Leon Specht. Buchbesprechung bei hr4

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